Der deutsche Im- und Export läuft zum größten Teil über die Land- und Seewege ab. Mit Bahn, LKW und mit Schiffen gelangen die Wirtschaftsgüter in alle Welt oder werden von dort zu uns gebracht. Jede Minute werden 24 Autos ausgeführt, 800 Motoren gehen auf die Reise oder 400 Tonnen bearbeitete Waren werden exportiert. Der Exportüberschuss in Deutschland betrug im letzten Jahr mehr als 19 Milliarden Euro. Die Güter werden in vielen Bereichen in Container transportiert, bei Fahrzeugen gibt es besondere LKW-Aufbauten oder Autofähren und bei losen Gütern transportiert man mit Kippern oder Schiffen. Die Waren kann man aber nicht einfach auf LKW oder Zugwaggons laden und dann losschicken. Die Mengen und Stückzahlen sind einfach zu gewaltig und Transporte über Land sind zu teuer, wenn die Entfernungen zu groß werden.
Im Beamtendeutsch würde man jetzt sagen, man setzt Transportmittel mit See verbundenen Interessen ein. Die meisten Waren werden mit Schiffen lose oder in Containern transportiert. Zu diesen Interessen gehört auch die Absicherung durch die Seeversicherung. Bei Schiffen mit mehr als 100.000 BRT besteht die Ladung aus mehr als 14.000 Containern, Containerschiffe der Maersk Reederei haben Schiffslängen von weit über 300 Meter, zwei Containerschiffe haben sogar 399 Meter Länge und können nahezu 200.000 Tonnen transportieren.
Für die Wirtschaft sind diese Ausmaße Segen und Fluch zusammen. Zum einen wird der Transport von einzelnen Containern immer billiger, auf der anderen Seite wird das Risiko aber auch höher, falls auf hoher See etwas passiert.
Luxusliner und große Schiffe
Die Seeversicherung besteht aus der Seekaskoversicherung und Warenversicherung, oder auch Seegüterversicherung genannt. Für viele Urlauber ist die Erinnerung an die Schiffsunglücke der Costa Concordia im Jahr 2012, bei dem 32 Menschen ums Leben kamen, oder die brennende Norman Atlantic im Dezember 2014, bei dem 11 Menschen getötet wurden und 18 Menschen immer noch als vermisst gelten, deutlich in Erinnerung.
Der Tourismus auf großen Kreuzfahrtschiffen nimmt immer weiter zu. Zurzeit befahren etwa 300 Kreuzfahrtschiffe die Weltmeere, das größte Kreuzfahrtschiff ist die Allure of the Seas mit 360 Meter Länge und Platz für 5.400 Gäste. Passagierschiffe werden durch die Seekaskoversicherung abgesichert.
Schiffunglücke mit den großen Containerschiffen sind aber eher selten in den Medien zu finden. Wenn über Frachtschiffe berichtet wird, sind es meisten keine Unglücke, sondern vor den Küsten Somalias und am Horn von Afrika. Zwischen 2005 und 2012 wurden dort 179 Schiffe gekapert und über 450 Millionen US Dollar Lösegeld gezahlt. Auch im Jahr 2013 und 2014 wurden bei 245 versuchten Entführungen immerhin noch weitere 33 Schiffe entführt, obwohl die Sicherheitsvorkehrungen weiter verstärkt wurden und Marinestreitkräfte mit ihren Schiffen durch diese Gebiete patrollierten. Die Seeversicherung übernimmt in diesen Fällen die Schäden, die infolge der Verspätung der Lieferung entstehen. Bei verderblichen Waren wird der Totalverlust beglichen.
Es werden auch manchmal Berichte über verlorengegangene Fracht berichtet. Im Jahr 2013 wurden weltweit über 120 Millionen Container mit Waren und Gütern im Wert von mehr als 3,3 Billionen Euro transportiert. Etwa 10.000 Container gehen dabei jedes Jahr über Bord, offiziell spricht man aber von Zahlen zwischen 1000 im Jahr 2012, 1.600 im Jahr 2011 und knapp 5.600 im Jahr 2013.
Bei Wind und Wetter kann viel passieren
Nicht immer sind dann Unglücke für den Verlust verantwortlich, sondern die Schiffsbesatzung selbst, um die Gefahr des Rollens zu vermeiden. Eine gut durchdachte Verteilung der Ladung hat zuweilen seine Tücken, wenn durch Stürme und aufgepeitschte See das Schiff in eine Schräglage gerät. Zusätzlich werden immer wieder von Schiffshavarien berichtet, die für größere Mengen an verlorenen Containern verantwortlich gemacht werden. Vor Neuseeland lief ein Containerschiff 2011 auf ein Riff auf und brach auseinander. Bei dem Unglück fielen 900 Container in die See.
2013 sank das 316 Meter lange Containerschiff Comfort im arabischen Meer. Die Materialbeanspruchungen in der Mitte des Schiffs waren durch die aufgewühlte See so stark, dass das Schiff auseinander brach und schließlich sank. 4390 Container mit Waren und Fracht im Wert von über 300 Millionen Dollar gingen dabei verloren.
Aber nicht nur das Schiff, die Waren und die Fracht gingen dabei verloren, sondern auch über 1.600 Tonnen Schweröl ergossen sich ins Meer. Die Seeversicherung muss für die Bergung und Verschmutzung aufkommen, wenn eine Bergung möglich ist. Im Fall der Comfort war das wohl nicht möglich, da das Meer an dieser Stelle zwischen 3.000 und 4.000 Meter tief ist. Wird jedoch Schweröl an Strände gespült, muss die Seeversicherung für Reinigungsarbeiten und Entsorgung haften.
Auch Schiffe kosten Geld
Die Seeversicherung ist eine Transportversicherung. Versichert werden können der das Schiff, die Ladung oder Fracht, der Transport als solches versichert werden.
Das Schiff wird durch die Seekaskoversicherung abgesichert, die Ladung oder Fracht durch die Seegüterversicherung. Versichert ist das Schiff und Ladung gegen Schiffskollisionen, bei Feuer, Blitzschlag, Explosion, Vandalismus, Einbruchdiebstahl, Piraterie, Beraubung, Verschollenheit sowie Schadensansprüche Dritter die durch das versicherte Schiff verursacht werden könnten.
Neben den Frachten und Waren, die ein Schiff laden kann, stellt das Schiff als solches natürlich einen erheblichen Wert da. Containerschiffe kosten zwischen 100 Millionen und 190 Millionen Euro, ein Kreuzfahrtschiff kostet zwischen 360 Millionen und 480 Millionen Euro. Die Costa Concordia wurde für 450 Millionen Euro gebaut, ihre Bergung hat 1,5 Milliarden Euro verschlungen, weitere Kosten für das Abwracken entstehen derzeit noch, da das Schiff stark kontaminiert ist. Da die Seeversicherung auch für die Abwehr, Minderung und Ermittlung von durch das Schiff verursachten Schäden aufkommt, wird die Costa Concordia weiterhin Kosten verursachen. Die Schäden am Ort der Havarie, die Kosten für die Entfernung der Bergungsabstützungen sowie die Kosten für Entsorgungen der Wrackteile müssen von den Versicherungen getragen werden.
Für die 3050 Gäste der Costa Concordia wurden an zwei Drittel bereits jeweils 11.000 Euro Entschädigung gezahlt. Etwa 300 Passagiere haben Klagen angestrengt. Unter den Passagieren waren auch über 60 deutsche Urlauber. Eine Sammelklage in den USA wurde abgewiesen, da das Gericht Italien als Versicherungsort und dadurch auch als Verhandlungsort verantwortlich sah.
Mit der Seeversicherung hohe Risiken absichern
Die Seeversicherung wird nicht von einer Versicherungsgesellschaft alleine getragen. Bei der Havarie der Costa Concordia hat die Reederei den größten Teil der Kosten getragen, trotzdem blieb es den beteiligten Versicherungen nicht erspart, Leistungen zu erbringen. So war die Münchner Rückversicherung, die Allianz Tochter Allianz Global Corporate & Specialty, sowie die Hannover Rückversicherung involviert. Auch bei anderen Schiffen bilden sich Versicherungspools, die zusammen in einer Seeversicherung für ein Schiff haften. Die Seeversicherung wird entsprechend der Ladung, Ladungsumfang und Handelsroute versichert.